Salutogenese vs. Pathogenese: Schlüsselunterschiede in Ansätzen und Auswirkungen auf die Gesundheitspraxis

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In Zeiten, in denen immer mehr Krankheiten auftreten, die das Arbeitsleben und das Privatleben durcheinanderbringen, wird die gesundheitswissenschaftliche Auseinandersetzung mit verschiedenen Ansätzen überaus interessant.

Im Alltag machen wir uns wenig Gedanken um Begriffe wie Pathogenese oder Salutogenese, dabei macht es einen großen Unterschied, welches Prinzip der Gesundheitswissenschaft man in sein Leben integriert. Viele von uns sehen den körperlich und seelisch gesunden Zustand als normale Ausgangssituation. Wer seinem Körper und seiner Seele schadet, sich schlecht ernährt oder wenig Sport treibt, der weicht von diesem Normalzustand ab und rutscht in verschiedene Krankheiten.

Doch was passiert, wenn man sich mit verschiedenen Theorien und Ansätzen auseinandersetzt? Denn was wir in unserem Alltag oft unbewusst als „normal“ oder „krank“ bewerten, entspringt dem Ansatz der Pathogenese.

In diesem Artikel betrachten wir, worin sich die beiden Ansätze Salutogenese vs. Pathogenese unterscheiden und welche Auswirkungen dies auf die Behandlung sowie Betreuung von Patienten hat.

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Salutogenese vs. Pathogenese: Vergleichende Ansätze in der Gesundheitswissenschaft

Wenn wir uns mit unserer Gesundheit auseinandersetzen, betrachten wir diese häufig als den Normalzustand. Es ist vollkommen „normal“ sowohl psychisch als auch körperlich gesund zu sein. Wenn wir uns verschiedenen Risiken aussetzen oder aus persönlichen Gründen anfälliger sind, steigt das Risiko, eine Krankheit zu entwickeln. Wer beispielsweise den Sommer noch ein wenig länger erleben möchte und deshalb an einem kalten Herbsttag mit unpassendem Schuhwerk zur Arbeit geht, läuft Gefahr, sich eine Erkältung einzufangen.

Bei der Pathogenese ist die Krankheit die Abweichung vom Normalzustand, der Gesundheit.

Bei der Salutogenese werden Krankheit und Gesundheit als zwei Enden eines Kontinuums betrachtet. Der Normalzustand befindet sich irgendwo in der Mitte. Daraus erschließt sich, dass man sowohl die Krankheit als auch die Gesundheit beeinflussen kann. Wenn man bewusst bestimmte Verhaltensweisen in den Alltag integriert, dann kann man seine Gesundheit aktiv beeinflussen.

In unserem Beitrag zum Thema “Salutogenese Modell – Bedeutung einfach erklärt: Kohärenzgefühl & Pathogenese” können Sie alle Einzelheiten rund um das Modell der Salutogenese nachlesen und sich ausführlich informieren.

Unterschiedliche Prämissen: Pathogenese und Salutogenese

Bei der Pathogenese wird vor allem analysiert, welche Faktoren für die Entwicklung einer Krankheit verantwortlich sind. Wer beispielsweise im Schichtbetrieb arbeitet, kann Schlafstörungen entwickeln. Diese sind auf die wechselnden Arbeitszeiten zurückzuführen, die keine Etablierung eines festen Alltags zulassen.

Wer einen anstrengenden Arbeitsalltag hat und nebenher den Haushalt und die Familie organisieren muss, die Kinder bei den Hausaufgaben betreut, kocht, sauber macht und sich nebenbei auf eine anstehende Präsentation vorbereitet, der hat nur wenig Möglichkeit, sich zu entspannen. Der Stress nimmt überhand und fördert die Entwicklung von Krankheiten.

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All diese Beobachtungen sind Teil der Pathogenese. Man kann nachvollziehen, warum Menschen in bestimmten Situationen oder unter bestimmten Voraussetzungen Krankheiten entwickeln und dadurch von einem gesunden Normalzustand abweichen.

Doch auch wenn die gewonnenen Erkenntnisse wertvoll sind, wird unter dem Ansatz der Pathogenese wenig Möglichkeit zur Besserung gegeben. Hinzu kommt, dass man bei der Pathogenese erst dann zu überlegen beginnt, wenn die betroffene Person bereits vom „Normalzustand“ der Gesundheit in die Entwicklung einer Krankheit gerutscht ist.

Dahingegen wird bei der Salutogenese davon ausgegangen, dass man bereits im normalen Zustand damit beginnen kann und sogar muss, sich aktiv um eine Verbesserung des Gesundheitszustands zu kümmern. Man kann die persönlichen Abwehrkräfte des Menschen positiv beeinflussen, sodass die Person selbst bei großen Herausforderungen keine gesundheitlichen Schäden davonträgt.

Unterschiede in der Betrachtung von Gesundheit und Krankheit

Würde man die Pathogenese in einem Diagramm darstellen, befände sich auf der linken Seite der „Normalzustand“ Gesundheit, während rechts die Krankheit ist. Man bewegt sich auf dieser Achse und versucht, beim Auftreten von Krankheitssymptomen einzugreifen, um den Normalzustand wiederherzustellen. Man ist damit beschäftigt, Ärzte aufzusuchen, die eine Diagnose geben können und sich in medikamentöse Behandlung zu begeben.

Dahingegen befindet sich der Normalzustand bei der Salutogenese in der Mitte des Diagramms. Auf der linken Seite ist der Zustand vollkommener Gesundheit, während rechts die Krankheiten angesiedelt sind. Im Normalzustand macht man sich Gedanken darüber, wie man seine Gesundheit aktiv fördern kann. Es werden Maßnahmen ergriffen, mit denen man sowohl körperlich als auch psychisch auf verschiedene Herausforderungen vorbereitet wird.

Aus den unterschiedlichen Betrachtungsweisen von Gesundheit und Krankheit gehen verschiedene Handlungsmöglichkeiten bei der Pathogenese oder der Salutogenese hervor.

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Unterschiede in Diagnose und Behandlungsstrategien

Die Pathogenese konzentriert sich in erster Linie auf eine bereits bestehende Krankheit. Man möchte herausfinden, mit welchen Medikamenten, Therapieansätzen oder Verhaltensmustern man die Krankheit effektiv bekämpfen kann. Deshalb untersuchen die zuständigen Ärzte vorliegende Symptome, stellen eine Diagnose auf und verschreiben eine Behandlung, die bei der jeweiligen Krankheit üblich ist. Der Prozess läuft nach einem festgeschriebenen Muster ab und lässt kaum Freiraum für neue Ansätze oder Blickwinkel. Man bewegt sich zwischen „normal“ und „krank“ und versucht, aus dem kranken Zustand möglichst schnell wieder in den Normalzustand zurückzufinden.

Die Salutogenese bietet einen größeren Handlungsspielraum, denn der Zustand wird nicht erst dann betrachtet, wenn sich bereits eine Krankheit entwickelt hat. Stattdessen analysiert man den Normalzustand der Person, um herauszufinden, wie man ihre Gesundheit aktiv unterstützen kann. Welche Verhaltensweisen kann jemand in seinen Alltag integrieren, um trotz hoher Verantwortung weiterhin gesund zu bleiben? Wie kann man sich im Voraus auf stressige Situationen vorbereiten? Welchen Sport kann man treiben, um bei der Arbeit am Schreibtisch keine Rückenschmerzen zu entwickeln?

Bei dem Ansatz der Salutogenese wird bereits behandelt, bevor sich ein akutes Problem ergeben hat. Man nimmt den Fokus von den Krankheiten und stellt stattdessen die Erhaltung der Gesundheit in den Mittelpunkt. Die Behandlungsstrategien haben bei der Salutogenese deshalb einen sehr positiven Ansatz, während man bei der Pathogenese versucht, gegen bestehende Krankheiten anzukämpfen.

Unterschiedliche Auswirkungen auf Patientenbetreuung und -behandlung

Wenn man einem Menschen die richtigen Werkzeuge gibt, um sich aktiv und bewusst mit der persönlichen Gesundheit zu befassen, dann können sich Krankheiten in vielen Fällen gar nicht erst entwickeln.

In modernen Zeiten, in denen Stress am Arbeitsplatz für Angststörungen, Depressionen oder Burnout zuständig sind, besteht ein akuter Ärztemangel. Es gibt nicht genug Fachkräfte, um all die Menschen eingehend analysieren zu können. Doch ohne eine tiefgründige Begutachtung können auch nur schwer zutreffende Diagnosen gestellt werden. Oft werden betroffene Menschen über lange Zeiträume nicht richtig behandelt, weil es keine Ärzte gibt, die sich ihrer annehmen können. Wer depressiv ist und seinen gesundheitlichen Zustand endlich mit einer Psychotherapie behandeln lassen möchte, muss meist mehrere Monate auf einen passenden Therapieplatz warten.

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Das Gesundheitssystem ist überlastet, denn Arzneimittel, Ärzte und Pflegepersonal sind knapp. Nach dem Ansatz der Pathogenese ist man als betroffene Person all diesen Faktoren ausgesetzt. Man muss sich auf Wartelisten eintragen lassen, hofft auf gute Ärzte und die schnelle Wirkung der verschriebenen Medikamente.

Die Salutogenese hat einen prophylaktischen Ansatz. Man beschäftigt sich damit, wie man die Gesundheit des Menschen aktiv stärken kann. Selbst wenn die äußeren Einflüsse zur Herausforderung werden, hat die betroffene Person die Möglichkeit, erlernte Methoden anzuwenden. Krankheiten können dadurch vorgebeugt werden und entwickeln sich gar nicht erst zu einem Problem, das den gesamten Alltag auf den Kopf stellt.

Die Patientenbetreuung findet deshalb bei der Salutogenese mit einem positiven Ansatz statt. Wie kann man sich für herausfordernde Situationen stärken? Wie bleibt man auch vor großen Präsentationen cool und wie kann man den Haushalt managen, ohne die eigene Freiheit aufgeben zu müssen? Während man sich bei der Pathogenese mit Menschen beschäftigt, die bereits an einer Krankheit leiden, setzt man bei der Salutogenese sehr viel früher an.

Stärken und Schwächen beider Ansätze

Die Pathogenese ist stark auf die Behandlung von Krankheiten ausgerichtet. In einer idealen Welt würden die Symptome schnell erkannt werden. Man würde einen Arzt aufsuchen, der sich als wahrer Spezialist entpuppt und innerhalb kurzer Zeit eine deutliche Besserung des Gesundheitszustands erkennen können. Der Ansatz der Pathogenese hat sich innerhalb der vergangenen Jahrhunderte darauf spezialisiert, Krankheiten einzuordnen und effektiv zu behandeln, damit man den Normalzustand der vollkommenen Gesundheit so schnell wie möglich wiederherstellen kann.

Doch die Realität entspricht leider nur selten der soeben beschriebenen utopischen Vorstellung einer idealen Behandlung. Die moderne Medizin ist zwar fortschrittlich, es gibt allerdings viele Bereiche, die bisher noch nicht vollständig erforscht werden konnten. Besonders die Behandlung psychischer Krankheiten hat sich in den vergangenen 50 Jahren stark gewandelt. Es gibt sehr viel mehr Medikamente, deren Wirksamkeit immer besser überprüft werden kann. Auch in der Gesellschaft werden psychische Krankheiten zunehmend weniger negativ konnotiert. Doch das bedeutet nicht, dass man innerhalb kurzer Zeit einen Spezialisten findet, der eine schlüssige Diagnose aufstellt und eine effiziente Behandlung einleitet. Oft muss man mehrere Monate auf einen Arzttermin warten und es dauert mindestens noch einmal genauso lange, bis eine passende medikamentöse Behandlung ausgearbeitet werden kann.

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Während betroffene Personen im Idealfall innerhalb weniger Tage behandelt werden können, müssen sie ihren Alltag trotz zahlreicher Symptome mehrere Monate unbehandelt bestreiten.

Die Salutogenese sieht einen positiveren Umgang mit der Gesundheit des Menschen vor. Der Normalzustand befindet sich irgendwo zwischen gesund und krank, weshalb man einen sehr viel größeren Handlungsspielraum besitzt. Man muss nicht erst krank werden, um sich mit seiner Gesundheit auseinanderzusetzen. Stattdessen beschäftigt man sich bewusst damit, wie man seine Psyche und seinen Körper stärken kann. Denn wer gut vorsorgt, der kann selbst schwere Hürden überwinden, ohne an ihnen zu zerbrechen. Man konzentriert sich auf die positiven Dinge im Leben und sieht voller Freude in eine gesunde Zukunft.

Gesunde Menschen sind kreativ, begegnen ihren Mitmenschen voller Empathie, haben eine demokratische Charakterstruktur, zeigen ihren Mitmenschen Wertschätzung und zeichnen sich durch eine hohe Resilienz aus.

Allerdings setzt die Salutogenese voraus, dass sich jeder Mensch aktiv mit seiner eigenen Gesundheit beschäftigt. Ärzte und Coaches begleiten, beraten und fangen auf. Doch man muss sich von dem Gedanken entfernen, Krankheiten passiv auf sich zukommen zu lassen, um sie dann mit Medikamenten zu bekämpfen. Stattdessen muss man sich bewusst damit auseinandersetzen, wie man seine eigene Gesundheit fördern kann. Die Gesellschaft ist so sehr auf die Behandlung von Krankheiten geprägt, dass sie sich viel zu spät mit der Gesundheit des Menschen beschäftigt. Wer den Ansatz der Salutogenese in seinem Leben etabliert, der wird sich seiner persönlichen Verantwortung bewusst. Es besteht jedoch das Risiko, dass dieses Bewusstsein auf gesellschaftlicher Ebene nicht durchgesetzt werden kann.

Fazit - Ganzheitliche Gesundheit durch die Symbiose von Salutogenese und Pathogenese

In der westlichen Gesellschaft ist es normal, auf die Entwicklung von Symptomen zu warten, um das eigene Verhalten zu verändern. Wer an Übergewicht leidet, soll eine Diät machen. Wer ein Burnout entwickelt, begibt sich auf Kur. Doch das Gesundheitssystem kann diese Denkweise nicht länger tragen. Es droht, unter der Last zusammenzubrechen. Die Auswirkungen können auf allen Ebenen beobachtet werden. Unternehmen, die unter den vielen krankheitsbedingten Ausfällen ihrer Mitarbeiter leiden. Schulklassen, die immer größer werden, weil die Lehrkräfte den viel zu hohen Anforderungen nicht gewachsen sind. Pflegekräfte, die in den Krankenhäusern mit der Betreuung zahlreicher Patienten gleichzeitig beauftragt werden.

Das Pathogenese-Modell ist immer noch sehr stark verbreitet. Wir nehmen unsere Gesundheit als selbstverständlich wahr und verändern erst etwas an unserem Verhalten, wenn die Symptome einer Krankheit einen normalen Alltag nicht mehr zulassen.

Wenn man die Pathogenese um die Salutogenese ergänzt, dann kann man einen ganzheitlichen Ansatz schaffen. Dies würde sich auf allen Ebenen widerspiegeln. Unternehmer, die sich vorbeugend für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter einsetzen. Schulen, in denen aktiv an der Gesundheit von Lehrkräften und Schülern gearbeitet wird. Pflegekräfte, die durch rückläufige Patientenzahlen entlastet werden.

Doch mit diesem Ansatz geht ein hohes Maß an Eigenverantwortung einher. Es muss viel Aufklärung stattfinden, um die Wahrnehmung der Begriffe „Gesundheit“ und „Krankheit“ in den Augen der Menschen zu verändern. Darüber hinaus muss eine Infrastruktur geschaffen werden, welche die Vorbeugung von Krankheiten in den Vordergrund stellt.

Unter diesem Aspekt wird der Einsatz von Coaches zunehmend wichtiger. Sie können vielseitig zum Einsatz kommen und ihre Klienten in den unterschiedlichsten Lebenslagen dabei unterstützen, aktiv an der Verbesserung ihres Gesundheitszustands zu arbeiten.

Am INHESA Institut setzen wir nicht nur auf hochwertige Health & Selfcare Coachings, sondern auch auf umfassende Coaching-Ausbildungen.

Mit unserem innovativen Healthcoaching-Ansatz und modernen Coaching-Techniken streben wir danach, das individuelle Potenzial eines jeden zu entfalten und zu fördern. Unser Ansatz besteht aus Inhalten unterschiedlicher Bereiche wie Humanmedizin, Soziologie, Neurowissenschaften, angewandter Philosophie, Psychologie sowie professionellem Coaching. Das Hauptziel unserer Programme ist es, ein nachhaltiges Coachingverständnis zu vermitteln. Durch unseren ganzheitlichen Coaching-Ansatz möchten wir sicherstellen, dass unsere Klienten und Auszubildenden lernen, alle Aspekte ihrer Gesundheit und ihres Wohlbefindens in Harmonie zu bringen. Dies wird durch unsere ganzheitliche und systemische Coachingarbeit ermöglicht, die auf der Überzeugung basiert, dass alle Bereiche unseres Lebens miteinander verknüpft sind und in einem harmonischen Gleichgewicht stehen sollten.